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Das Leben - ein Theaterstück

  • Antje Hoell
  • 4. März 2021
  • 3 Min. Lesezeit

Wie schnell die Zeit doch vergeht und ich dennoch das Gefühl habe, nicht vorwärts zu kommen bzw. etwas geschafft zu haben. Mein Unwohlsein, meine körperliche Schwäche und Müdigkeit sind „Begleiter“ von mir und meinem Alltag geworden. Es fällt mir von Tag zu Tag schwerer, mich zum Aufstehen zu motivieren. Zum Glück ist mein innerer „Antreiber“ noch stark genug, mir einen kleinen, lieben Schubs in den Morgen zu geben. Mein Läufchen durch unser Dorf, eine kurze oder längere Yogaeinheit helfen mir, einen klaren Kopf zu bekommen und meinen Körper zu spüren. Die letzte Nacht habe ich kaum geschlafen. Die Gedanken um mich, meinen Wert, meine Zukunft, haben mich wachgehalten. Ich fühle und spüre, dass es mir immer schwerer fällt, freudvoll in die Zukunft zu schauen. Seit Mitte März beziehe ich Arbeitslosengeld, weil mich die Krankenkasse „ausgesteuert“ hat. Das Arbeitslosengeld ist sehr gering. Zum Glück sind wir zu zweit. Allein wüsste ich nicht, wie ich finanziell über die Runden kommen würde. Zudem wurde ich von der Agentur für Arbeit aufgefordert, einen Rentenantrag zu stellen, mit 40 Jahren!!! Das „sitzt“. Frührente zu beantragen, die max. 700€ beträgt, mit 40 Jahren, diese Information / Tatsache muss ich erst einmal verarbeiten. Ich frage mich: Was bin ich dann noch wert? Wo ist der Sinn meines (bisherigen) Lebens geblieben? Was mache ich zukünftig mit meinem geballten menschlichen und fachlichen Erfahrungsschatz? Wenn ich die Position eines Coaches einnehme, würde ich mir jetzt sagen: Antje, dein Wert bezieht sich nicht auf äußere Umstände und finanzielle Bezüge! Du bist wertvoll mit all deinen Fähigkeiten, die du besitzt, die du selber schätzt und die vor allem deine FreundInnen und deine Familie an dir schätzen. Schaue auf deine eigene Internetseite! Du bist ein „kleiner großer Engel“. Wo ich diese Zeilen schreibe, geht es mir gleich etwas besser. Wow, was für ein Effekt! In dem Zusammenhang danke ich allen, die mich in der letzten Woche mit lieben Worten, Aufmunterungen und dem Zuspruch: „Antje, wir sind für dich da. Du bist nicht allein. Du wirst geliebt und bist beliebt.“, aufgefangen haben. Alle, die mich begleiten, mit denen ich mich austauschen kann, mein Netzwerk, sind mein Fundus, aus dem ich gerade „schöpfe“.

Wie geht es nun weiter mit mir und der Therapie? Nächste Woche Dienstag habe ich eine Knochenmarkpunktion. Gleichzeitig werde ich meine Chemo erhalten. Wie sagt mein Oberarzt: „Alles in einem Abwasch“. Deshalb habe ich heute keine Therapie erhalten, worüber ich ganz froh bin. Wie es mir ab nächster Woche Dienstag gehen wird, weiß ich jetzt zum Glück noch nicht. Denn ich werde zusätzlich zum Daratumamab das erste Mal das Contergan-Medikament Revlimid erhalten. Das Medikament macht mir Angst. Ich verknüpfe es noch immer mit der Aussage des Prof. Dr. B. aus der Charite` in Berlin. Vor fast genau einem Jahr hatte der Prof. ein Gespräch mit mir und der Aussage eröffnet: „Sie können sich vielleicht noch an die Contergan-Kinder in den 60ern erinnern. Die Mütter der Contergan-Kinder haben genau das Medikament erhalten. Es verhindert die Bildung von Blutgefäßen, deshalb hatten die Kinder verstümmelte Gliedmaßen.“ – Prima Beschreibung! Toller Arzt! Trotz allem lasse ich mich auf die Therapie ein und schaue, wie es mir damit geht. Denn ich habe etwas, was sehr wichtig in der Therapie ist: Vertrauen zu meinem Oberarzt.


Nun bin ich wieder am Ende meines heutigen Blogbeitrags und es fällt mir wieder schwer, diesen zuversichtlich zu beenden. Ich „krame“ in meinem Gedächtnis, wer oder was mir Freude bereitet. Vieles fällt mir ein. Ein Tier jedoch besonders: unsere Katze Rosi. Heute Nacht, als ich wach lag, habe ich über den Blogeintrag nachgedacht und mich gefragt, wie Rosi meinen Alltag beschreiben würde? Worauf würde sie achten? Was wäre ihr wichtig? Sicher ist, dass Rosi mich manchmal so sehr zum Lachen bringt, dass ich vor Freude Tränen lache. Ich nenne sie deshalb liebevoll unsere „Theaterkatze“. Denn sie schlüpft täglich in die verschiedensten Rollen: Von ernst, zugewandt, lustig, in sich ruhend, müde, über entdeckungsfreudig, schüchtern, neugierig, nervig und berührt. Rollen, die auch wir Menschen täglich einnehmen, die eine mehr, die andere weniger. In dem Sinne, lasst uns auf unsere Mitmenschen und uns achtgeben. Lasst uns gemeinsam in die verschiedensten Lebensrollen „schlüpfen“ und das Leben als ein Theaterstück betrachten. Wir dürfen selbst entscheiden, welche Rolle wir spielen, wann wir auf die Bühne treten, in welchem Kostüm, mit welchen Worten und wie lange. Das macht es leichter, das Leben anzunehmen und dankbar dafür zu sein. Denn wir haben alle die Möglichkeit, dieses Theaterstück selbst zu gestalten. Wie auch unsere Rosi (s. Fotos).


 
 
 

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